Wie Traumata in der Kindheit die Muskelfunktion im Alter beeinflussen

In der neu publizierten Studie „Childhood adverse life events and skeletal muscle mitochondrial function[1] können die Forscher zeigen, wie unerwünschte Ereignisse in der Kindheit die Muskelfunktion im späteren Alter beeinträchtigen.

Anhand von Daten aus der Studie „Muskel, Mobilität und Altern“ wurden 879 Personen über 70 Jahren auf die ATP-Produktion in ihren Muskelzellen getestet. ATP ist die Energie, mit der Muskeln arbeiten. Sie wird von den Mitochondrien in jeder Zelle produziert. Mitochondrien können sozialen Stress spüren und reagieren auf zellulärer Ebene: Es ist bekannt, dass diese von Bakterien abstammenden Organellen ihre Funktion und Form ändern, wenn Zellen durch physische oder soziale Angriffe bedroht werden, was zu extrazellulärem ATP und reaktiven Sauerstoffspezies – sogenannten freien Radikalen – führt. Dies verringert die Arbeitsenergie der Zellen und fördert Entzündungen und Alterung des Gewebes. [2] [3]

Offensichtlich können solche Reaktionen in Muskelzellen und ihren Mitochondrien auch später im Leben durch Traumata in der Kindheit auf vorgeprägt werden: Je mehr traumatische Ereignisse in der Kindheit von Studienteilnehmern berichtet wurden, desto ausgeprägter war der Rückgang des zellulären ATP ihrer Muskeln – was weniger Kraft und schnellere Ermüdung bedeutet. Weitere mögliche Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung, Body-Mass-Index, depressive Symptome, Rauchen oder körperliche Aktivität wurden mit berücksichtigt, was die Gesamtergebnisse jedoch nicht veränderte. In früheren Studien wurden ähnliche Resultate für Blutzellen festgestellt. [4] [5] [6]

Diese Erkenntnisse werfen ein Licht auf die Mechanismen der in META-Health bekannten biologischen Reaktionen und Prägungen nach sozialpsychologischen Traumata. Ungünstige Ereignisse in der Kindheit führen bei vielen Menschen zu Gefühlen der Unsicherheit und Hilflosigkeit, die eine hemmende Reaktion in ihren autonomen Nerven – eine Erstarrungs- oder Kollapsreaktion der Energielosigkeit – triggern kann. [7] [8] Diese unbewusste Überlebensstrategie und die Signale, welche sie auslösen, werden zu einem Standardmuster, das sich auf alle Ebenen der biologischen Funktion und Gesundheit auswirkt.

Weitere Implikationen dieser unbewussten Biologie sind kognitiver Natur: Unsere Erfahrungen prägen unsere Überzeugungen und Erwartungen, unser Selbstbild und unsere Werte. Unser psychologisches Profil wird so zu einem Prädiktor für gesundheitliche Herausforderungen in der Gegenwart und Zukunft.

Normalerweise fokussiert die Arbeit von META-Health-Praktikern hauptsächlich darauf, die kognitiven und emotionalen Aspekte von Gesundheit, Heilung und Krankheitsprävention zu behandeln. Das Verarbeiten, Neuverhandeln und Transformieren von Traumata und unseren Reaktionsmustern ist nach den neuen Erkenntnissen eine Voraussetzung für die Optimierung der Kraft, Mobilität und Belastbarkeit, die wir im Alter behalten wollen!




Referenzen:
[1] https://www.science.org/doi/full/10.1126/sciadv.adj6411
[2] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0028390822003926
[3] http://naviauxlab.ucsd.edu/wp-content/uploads/2018/10/NaviauxHealingCycle_2018_v2.pdf
[4] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29525040/
[5] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27530300/
[6] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33004627/
[7] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3108032
[8] http://naviauxlab.ucsd.edu/wp-content/uploads/2018/10/NaviauxHealingCycle_2018_v2.pdf

Bilder: Pixabay users Gerd Altmann, SkieTheAce

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